Im ersten Beitrag unserer Blogreihe zur Corporate Social Responsibility (CSR) haben wir uns damit beschäftigt, wie Unternehmen gesellschaftliches Engagement planen und umsetzen können. 2015 hat unsere PR-Agentur selbst in Kooperation mit der Stiftung „Gesellschaft macht Schule“ einen sozialen Tag gestaltet und berät sie seither auch bei ihrer Kommunikationsarbeit. Die Stiftung setzt sich für den Abbau von herkunftsbedingten Bildungsnachteilen und sozialer Armut ein und unterstützt Kinder und Jugendliche mit Schulprojekten, ihre Talente zu entdecken und zu stärken. Erfahrt in unserem Interview mit Frau Dr. Sandra Mittag von „Gesellschaft macht Schule“ mehr über die Möglichkeiten unternehmerischen Engagement und über ihre Erfahrungen mit Unternehmenskooperationen.

.FACTUM: Sie bieten Unternehmen Kooperationen an – wie sehen diese aus? Schlagen Sie den Unternehmen vor, wo sie sich engagieren können, oder kommen diese mit gezielten Vorstellungen?

Fr. Dr. Mittag: Meistens kommen die Unternehmen auf uns zu. Dabei fragen diese nach, welche Möglichkeiten einer Kooperation es generell bei uns gibt. Wir freuen uns dann den Unternehmen zu erläutern, wie unsere momentanen Kooperationen gestaltet sind und in welchen Projekten wir noch sinnvolle Unterstützung brauchen können. An dieser Stelle laden wir das Unternehmen zum gegenseitigen Kennenlernen in unsere Stiftung ein. Für uns ist es beim ersten Treffen sehr wichtig zu erfahren, welches Anliegen das Unternehmen hat. Gleichzeitig freuen wir uns, wenn wir unseren eigenen Bedarf kommunizieren können.

.FACTUM: Sind die Kooperationen mit Unternehmen nur kurzfristige oder auch langfristige Kooperationen?

Fr. Dr. Mittag: Die Kooperationen bestehen mindestens 2 Jahre und verlängern sich dann in fast allen Fällen über weitere Jahre. Meist intensiviert sich die Kooperation im Laufe der Zeit.

.FACTUM: Worin sehen Sie den Nutzen für ein Unternehmen, das mit Ihnen zusammenarbeitet und sich sozial engagiert?

Fr. Dr. Mittag: Die Unternehmen haben in der Kooperation mit Stiftung Gesellschaft macht Schule einen Bezug zur eigenen Geschäftstätigkeit, da die Unternehmen uns im Projektbereich „BEO + Berufsorientierung“ unterstützen. Gleichzeitig möchten die Unternehmen aber auch einen Teil Ihres unternehmerischen Erfolgs an die Gesellschaft zurückgeben. Der Fokus unserer Projekte liegt nämlich auf der Persönlichkeitsstärkung und der Förderung des Sozial- und Lernverhaltens (Programm „respect U“), dann auf Kultur, Sprache und Bewegung sowie dem Übergang von der Schule in den Beruf („BEO+“). Die Stiftung begleitet SchülerInnen über mehrere Jahre hinweg (1.-4. Klasse / 5.-9. Klasse) mit einem Betreuungsschlüssel von 1:6. Unternehmen, die die Bildungs- und Zukunftschancen von Kindern und Jugendlichen verbessern wollen, suchen nach solchen Lösungsansätzen.

Die Verleihung der Wirkt-Siegel der PHINEO gAG  im Bereich respect U „Team und Sport“ (2015) sowie für unser Projekt BEO+ (2016) navigieren die Unternehmen auf der Suche nach wirkungsorientierter Mitgestaltung unserer Gesellschaft. Durch die Projekte von Gesellschaft macht Schule minimieren sich die Verhaltensauffälligkeiten der Kinder und Jugendlichen und die sozialen, emotionalen und personalen Kompetenzen erweitern sich deutlich. Damit einhergehend verbessern sich die Lernleistung und das Klassenklima. Die Jugendlichen sind im Übergang Schule und Beruf erfolgreicher. Ausschlaggebend ist auch, dass wir unsere Projekte regelmäßig supervidieren und evaluieren.

.FACTUM: Haben Sie eine bestimmte Kooperation, die Ihnen aufgrund irgendeiner Besonderheit besonders im Kopf geblieben ist? Wenn ja, was hat dieses Projekt ausgemacht?

Fr. Dr. Mittag: Ja, unter anderem fällt uns das Schneider Bräuhaus ein. Seit 2014 stellte es einen seiner Köche wöchentlich für einen Einsatz an der Schule frei und unterstützt den Projektbereich „respect U“ auch finanziell. Durch diese Kooperation werden die Jugendlichen zum einen hinsichtlich ihrer Berufsorientierung gestärkt, zum anderen erfahren sie in „respect U: Kochen & Backen“, wie es ist, mit einem echten Profi zu kochen. Darüber hinaus sehen unsere Kooperation Bewerbungsmappen-Tage, Betriebsbesichtigungen, Schülerpraktika, das Üben von Bewerbungsgesprächen sowie eine finanzielle Unterstützung vor. Auch stellt unsere Zusammenarbeit mit den Unternehmen Nanotec, HAWE Hydraulik und Praktikawelten eine große Bereicherung für unsere Jugendlichen dar. Die Mitarbeiter nehmen sich jedes Mal sehr viel Zeit für die Schüler und Schülerinnen und teilen beispielsweise in den Bewerbungstrainings wertvolle Erfahrungen.

.FACTUM: Unser Eindruck ist, dass Werte wie Nachhaltigkeit und soziales Engagement in den letzten Jahren in Unternehmen zunehmend an Bedeutung gewonnen haben und immer mehr Unternehmen sich engagieren. Würden Sie dem zustimmen?

Fr. Dr. Mittag: Aus unserer Sicht ist das tatsächlich so. die Unternehmen möchten für mehr Chancengerechtigkeit sorgen und es ist ihnen ebenso wichtig, dass die Mitarbeiter auch persönlich erfahren, was soziales Engagement bedeutet. Außerdem haben sie ein starkes Bewusstsein für die Dringlichkeit der Themen. In unserem Fall sind das die schwierigen Lebenssituationen von Kindern und Jugendlichen in sozialen Brennpunkten.

Lest auf unserem Blog auch, wie Unternehmen eine Strategie zur Corporate Social Responsibility entwickeln können und wie factum selbst sich gesellschaftlich engagiert.

.FACTUM: Glauben Sie, dass diese Werte in Zukunft immer bedeutsamer in der Wirtschaft werden?

Fr. Dr. Mittag: Auf jeden Fall. Unternehmen wollen sich nicht nur um sich selbst drehen. Unternehmen möchten einen Beitrag leisten, komplexe Probleme in unserer Gesellschaft zu lösen. Dafür braucht es ein weitreichendes und systematisches Zusammenspiel vieler Akteure, d.h. Stiftungen bzw. Zivilgesellschaft, Unternehmen und öffentliche Hand. Sehr wichtig ist dabei, dass soziale Investoren ihre Aktivitäten koordinieren können. In unserem Projekt zur Berufsorientierung BEO+ kann man sehen, wie gut gemeinsames Wirken in einem Netzwerk aus Unternehmen, Stiftung, Schulsozialarbeit, JADE und Arbeitsagentur funktioniert.

.FACTUM: Mit welchen Motivationen treten Unternehmen an Sie heran? Dient soziales Engagement vor allem dem Zweck, sich gut in der Öffentlichkeit zu präsentieren oder möchten sie wirklich etwas in ihrem Unternehmen ändern und selbst davon profitieren?

Fr. Dr. Mittag: Den Unternehmen, die auf uns zukommen, geht es um nichts mehr, als um die Möglichkeit, gemeinsam sektorenübergreifend Kindern und Jugendlichen in München eine Perspektive zu geben. Damit haben wir schon eine gemeinsame Zielsetzung. Eine Kooperation kann über die finanzielle Unterstützung hinaus auch mit viel Engagement verbunden sein. Für die „Bewerbungsmappen-Tage“ helfen Unternehmensmitarbeiter den Schülern dabei, eine vollständige Bewerbungsmappe mit Deckblatt, Lebenslauf, Foto und Anschreiben als erstes Muster für ihren bevorstehenden Bewerbungsprozess zu erstellen. Für „Bewerbungsgespräche“  braucht es Mitarbeiter, die mit den Schülern in simulierten Gesprächen üben, wie sie sich bei diesen am besten verhalten und wie sie ihre Stärken präsentieren können. Für „Firmentage“ braucht es Unternehmen, in die die Jugendlichen für einen Tag kommen dürfen, um dort als „Mini“-Praktikanten an einzelnen Arbeitsplätzen verschiedene Berufe und Arbeitsbereiche kennenzulernen. Ziel ist es, mit diesem Einblick in die Arbeitswelt die Sicherheit der Jugendlichen im Umgang mit fremden Erwachsenen zu fördern und damit zur Berufsorientierung der Jugendlichen beizutragen. Daraus ist zu erkennen, dass eine Kooperation deutlich mehr ist als nur Imagepflege und Strategie. Hinter einer Kooperation steht viel mehr der Wille benachteiligte Kinder und Jugendliche zu fördern und der Perspektivlosigkeit junger Mensch entgegen zu wirken.

.FACTUM: Nach welchen Kriterien gehen sie bei der Auswahl ihrer Kooperationspartner, um unehrlichen Anfragen entgegen zu wirken?

Fr. Dr. Mittag: Wir hatten bisher noch keine unehrlichen Anfragen. Die Stiftung Gesellschaft macht Schule hält die Unternehmen im Raum München für unverzichtbare Partner, wenn es darum geht, gemeinsam Verantwortung für eine starke Gesellschaft zu übernehmen. Für die Zukunft setzen wir vor allem auch auf eine Intensivierung der Kooperationen auf verschiedenen Ebenen (weitere Bildungsakteure im Schulumfeld in den jeweiligen Stadtteilen, öffentlich finanzierte Einrichtungen, das Land, verschiedene Referate der Stadt, Wirtschaftsverbände und einzelne Unternehmen, zivilgesellschaftliche Verbünde u.a.) – hierdurch versprechen wir uns eine Vergrößerung des Netzwerks, größere Sichtbarkeit und nicht zuletzt auch mehr Nachhaltigkeit für unsere Projekte.

.FACTUM: Vielen Dank für das Interview!

Cennet Yaylaci und Johanna Koerber

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